Der eingebildete Kranke
Molières Komödie "Der eingebildete Kranke" wurde vor 350 Jahren (1673) uraufgeführt. "Der Kranke in der Einbildung", so hieß die erste Übersetzung, wurde aufgrund seiner zeitgenössischen Aktualität sehr schnell berühmt.
Molière spielte selbst die Hauptrolle, starb jedoch in der vierten Aufführung auf offener Bühne nach einem Blutsturz.
Dass dieses Theaterstück wie auch andere Werke Molières keinesfalls an Aktualität verloren haben, lässt sich mit ein wenig Fantasie im Vergleich mit dem heutigen Zeitgeist bestätigen. Elemente der Commedia dell’arte, etwa der tyrannische Vater, der seine Tochter mit jemand anderem verheiraten will, als mit dem, den sie liebt, bilden das Grundprinzip des Werkes.
Theater im Kürbis
Heilung auf der Metaebene
Die Frage, wie Molières Hypochonder zu behandeln ist, beantwortet der Kürbis mit viel Augenzwinkern.
Wäre Einbildung bloß auch eine Bildung, wir lebten in einer Welt der Gelehrten, und Molières selbst ernannter Kranker müsste nicht erst seinen Tod vortäuschen, um das Richtige vom Falschen, das Wahre von der Lüge unterscheiden zu können. Nach einer Coronazeit, in der Gesundheitsfragen zur Projektionsfläche ideologischer Konflikte gerieten, erfuhr der Komödienklassiker eine aktuelle Konnotation. Mit diesem Minenfeld hält sich die Inszenierung im Sommertheater in Wies allerdings nicht auf, sondern hält sich an die Vorlage über den geblendeten Hypochonder Argan (gespielt von Gernot Grinschgl).
Die Frage, welche Relevanz das Molière-Stück heute noch hat, wir unter der Regie Karl Wiedners augenzwinkernd weggewischt: Seine Stärken zeigt dieser "eingebildete Kranke", wenn die Darsteller auf der Metaebene die vierte Wand lustvoll einstürzen lassen und die Selbstironie Raum fasst: Wie das gesamte Ensemble und insbesondere Dagmar Lais als rastlose Hausangestellte Toinette mit herrlicher Überzeichnung in persiflierenden Kostümen und Perücken zur Höchstform aufläuft, ist mitreißend und lässt übersehen, dass dieser 350 Jahre alte Komödienklassiker mit seinen Irrungen und Wirrungen um Liebe und Wahrheit schon reichliche Staub angesetzt hat.
Daniel Hadler I Kleine Zeitung I 14. Juli 2023
Regisseur Karl Wiedner, Darsteller:innen Dagmar Lais und Gernot Grinschgl im Gespräch mit Bojana Šrajner Hrženjak vom Radiosender Agora 105,5.
Der "kranke" Argan, die behandelnden Ärzte, Liebe und Tod und auch die fortschreitende Handlung werden dabei nicht ganz so ernst genommen. Zwei listige, starke Frauen bestimmen als zentrale Figuren den Ausgang des Geschehens.
Der wohlhabende Familienvater Argan, der sich eine nicht näher definierte Krankheit einbildet, lässt sich vom Arzt und dem Apotheker, sowie der "spitzbübischen” Bediensteten Toinette pflegen. Da er einen Arzt als Schwiegersohn wünscht, ist er mit einer Heirat seiner Tochter Angelique, die Cleanthe liebt, nicht einverstanden. Seine Frau Belinde, die Argan nur seines Geldes willen geheiratet hat, versucht das Testament zu ihren Gunsten umschreiben zu lassen. Intrigen, Verwicklungen und Verwechslungen führen, wie es sich für eine Komödie gehört, doch zu einem Happy-End.
Die Gaukler des Kürbis Wies bringen auf Wunsch des Publikums das Spiel um den Hypochonder Argan scheinbar improvisiert mit ungewollten Ausstiegen und mit Augenzwinkern auf einen Theaterwagen als Freilichtaufführung.
Bei Schlechtwetter und großer Hitze findet das Spiel in der Schlosstenne Burgstall statt.
- Freitag, 30.6.2023 I 19.30 Uhr (Premiere)
- Samstag, 8.7.2023 I 19.30 Uhr
- Sonntag, 9.7.2023 I 17.00 Uhr
- Mittwoch, 12.7.2023 I 19.30 Uhr
- Donnerstag,13.7.2023 I 19.30 Uhr
- Freitag, 14.7.2023 I 19.30 Uhr
- Samstag,15.7.2023 I 19.30 Uhr
- Sonntag, 16.7.2023 I 17.00 Uhr
- Dienstag, 18.7.2023 I 19.30 Uhr
- Mittwoch,19.7.2023 I 19.30 Uhr
"Land der Bühnen" startet in die zweite Runde: Nachdem bereits 20 verschiedene Theater aus 5 Bundesländern in "Kultur Heute" präsentiert wurden, öffneten nun 10 weitere Theater aus der Steiermark, Kärnten und dem Burgenland ihre Türen.
Theater aller Größen, darunter sowohl professionelle als auch Laienbühnen, zeigten, was dem Publikum normalerweise verborgen bleibt: vom Malen der Kulissen und allerersten Probenanfängen bis hin zur aufgeregten Stimmung backstage direkt vor der Premiere und der großen Freude danach.
Spannende Einblicke bot etwa das "Theater im Kürbis" in der Südsteiermark, das neben der Schauspielsparte auch dank eigenem Plattenlabel und Verlag als kultureller Nahversorger dient.
Argan
Gernot Grinschgl
Belinde, dessen zweite Frau
Johanna Zirngast
Angelique, Argans Tochter
Julia Krasser
Louison, ihre kleine Schwester
Theres Kaiser
Beraldine, Argans Schwester
Melina Schuster
Toinette, Argans Dienstmädchen
Dagmar Lais
Dr. Diafoirus,
Dr. Purgon, Argans Arzt
Fleurant, Apotheker
Bonnefois, Notar
Andreas Mathauer
Thomas Diafoirus, dessen Sohn
Adrian Stelzl
Cleanthe
Peter Eisner
Regie
Karl Wiedner
Dramaturgie
Karl Posch
Technik
Rupert Wiedner
Presse-Bilder
© Christian Koschar
EINTRITT: E € 15,00 / K € 10,00
Ermäßigungen: 50% LAUT!-Card I € 2,- Familienpass, IG-Kultur, AK-Card
Kartenreservierung unter shop.ticketteer.com/kuerbis